Das Menschenbild in der Beratung

 

Das Menschenbild der systemischen Beratung und Therapie

Systemische Beratung hat ihre Ursprünge in der Systemischen Familientherapie. In die Entwicklung systemischer Konzepte sind viele Strömungen aus unterschiedlichen Wissenschaften eingeflossen. Wichtige theoretische Grundlagen für systemische Konzepte sind die Theorie der “Selbstorganisation (Autopoiese)” und des “Konstruktivismus”. Ein System ist dabei eine Gesamtheit von Elementen, die aufeinander bezogen sind und in gegenseitiger Wechselwirkung stehen. Das bedeutet, dass in einer systemischen Betrachtungsweise nie der Mensch als isoliertes Wesen gesehen wird, sondern immer Bezug genommen wird auf sein Lebensumfeld, seine Herkunft und seine Lebensbedingungen. Die Wechselwirkungen und Beziehungen laufen dabei nicht planlos und zufällig ab, sondern folgen bestimmten Regeln und Mustern. Aus systemischer Betrachtungsweise hat jedes Symptom prinzipiell seinen “Sinn”. Um diesen Sinn erkennen zu können, muss ein Symptom in seinem Kontext betrachtet werden, in dem es auftritt. Das System, in welchem sich ein Symptomträger befindet, rückt damit in den Fokus der Aufmerksamkeit. Oft wird dabei ersichtlich, dass mitunter keine andere Möglichkeit im System zur Lösung zur Verfügung stand – ein Symptom erscheint als die mitunter “bestmögliche Lösungsvariante”.  Ziel eines systemischen Beratungsansatzes ist es, die Lösungsmöglichkeiten zu erweitern, sodass erkennbar wird, dass ein Symptom nicht die einzige Lösung darstellt bzw. darstellen muss. Dabei spielt die Fokussierung auf Ressourcen, Fähigkeiten, Kompetenzen eine besonderer Rolle. Im Gegensatz zu anderen eher analytisch orientierten Ansätzen rückt das “Lösungsdenken” stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das drückt sich auch dadurch aus, dass auch die Sprache weniger problemorientiert ist, sondern mehr den Charakter einer offenen zielgerichteten Lösungssprache hat. Das Problem selbst wird dabei aber sehr wohl gewürdigt und wertgeschätzt und bekommt den Raum, den es für die Bewältigung und Lösung braucht. Die zentrale Aufgabe einer systemischen Therapie und Beratung ist es, so intensiv und systematisch als möglich “Fokussierungshilfen” anzubieten, um die in jedem Menschen vorhandenen Kompetenzen, Ressourcen und Lösungen zu suchen, zu finden und zu (re)aktivieren, um diese so nachhaltig als möglich in die gewünschten Lebenskontexte zu integrieren…

 

Das Menschenbild der Logotherapie und Existenzanalyse

Im Mittelpunkt der Logotherapie und Existenzanalyse steht die Sinnorientierung. Es geht darum, sich mit den Sinnzusammenhängen des eigenen Daseins, der eigenen Existenz, auseinanderzusetzen. Die Logotherapie und Existenzanalyse wurde von Viktor Frankl (1905 – 1997) gegründet. Nach Frankl ist der Mensch ein Wesen auf der Suche nach Sinn. Sinnvoll leben bedeutet, sein Leben mit seinen Begabungen, Möglichkeiten und Grenzen zu gestalten. Zentrales Element ist dabei der freie Wille und der Wille zum Sinn. Nicht die äußeren Bedingungen sind es, die das Leben bestimmen, sondern die Freiheit, sich im Rahmen des Gegebenen immer wieder neu nach bestem Wissen und Gewissen für bestimmte Handlungs- oder Sichtweisen zu entscheiden. Diese Freiheit bedingt aber auch, Verantwortung für sein eigenes Leben zu haben und zu übernehmen. In der Art, wie man sein Leben lebt, wie und wofür man sich entscheidet, antwortet man auf die Fragen, die das Leben stellt. Persönlich gestellte Aufgaben kann nur jeder Mensch für sich alleine erfüllen. Gelingt es, die aktuellen Fragen des Lebens sinnvoll zu beantworten, kann Sinnhaftigkeit erfahren und erlebt werden. Sinn kann nicht verordnet werden – Sinn kann nur persönlich erlebt werden. Auch wenn äußere Schicksalsschläge den Handlungsspielraum einengen, kann der Mensch immer noch mit seinem geistigen und seelischen Freiraum sein Leben durch die innere Einstellung zu den Dingen und den Menschen, die ihn umgeben, mit Sinn erfüllen…

 

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